„Der Mut wächst, je größer die Hindernisse sind“, sagte Adolph Kolping einst. Doch für die Kolpingsfamilie Lengenwang waren die Hindernisse zu groß. Der Grund dafür – es fand sich lange Zeit kein Vorsitzender mehr. „2019 bildete sich zwar noch ein Kreis von Mitgliedern der Kolpingsfamilie Lengenwang, die auf der Suche nach Ideen und einer Vorstandslösung waren, doch dann kam Corona dazwischen“, blickt Kassier Albert Waldmann zurück, denn auch diese Lösung zerschlug sich.
Nach 19-jährigem Bestehen musste 2022 mit der Auflösung des Vereins begonnen werden. „In den 19 Jahren hatten wir insgesamt 242 Mitglieder, zum Schluss waren es 109“, weiß Waldmann. Zur Abwicklung wurden Albert Waldmann und Julia Knestel (Schriftführerin) als Liquidatoren beauftragt. „Eigentlich müsste das ganze Vermögen nach Augsburg gehen, doch wir haben alles mit unserer Arbeit verdient“, klagt Waldmann. Das Guthaben in Höhe von 6.380 Euro wurde fast ausschließlich durch die Veranstaltung von Senioren-Hoigate, Kinderfasching, Waldweihnacht und der Mithilfe beim Weihnachtsmarkt erwirtschaftet. Die Mitgliedbeiträge mussten nämlich immer fast in voller Höhe nach Köln abgeführt werden. Waldmann setzte sich dafür ein, dass „auch etwas im Dorf bleibt“. So wurde mit dem „Kolpingwerk Diözesanverband Augsburg“ folgende Vereinbarung getroffen: 4.000 Euro gehen nach Augsburg, 2.380 Euro darf die Kolpingsfamilie Lengenwang für einen guten Zweck spenden. So gingen 1.380 Euro an die First Responder Seeg-Lengenwang und 1.000 Euro an den Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Allgäu-Schwaben.
Die ehrenamtlichen Ersthelfer der First Responder finanzieren sich rein durch Spenden. Ein großer Teil davon fließe laut Bastian Hitzelberger in die Ausbildung. „Es gibt keine Zuschüsse vom Staat und wir können nichts abrechnen – viele wissen das gar nicht“, betont Hitzelberger. Auch bei Einsätzen werde den Patienten nichts berechnet. Die Ersthelfer sind daher sehr dankbar für Spenden. „Jeder Cent zählt“, so Hitzelberger. 2023 wurden die First Responder Seeg-Lengenwang zu 134 Einsätzen gerufen.
„Auch der Wünschewagen erhält keine Zuschüsse. Wir müssen um jeden Euro kämpfen“, muss sich auch Norbert Rzadki dieser Aussage anschließen. Der Wünschewagen des ASB Allgäu-Schwaben rückte 2023 zu 100 Fahrten, teilweise auch Mehrtagesfahrten, mit insgesamt 40.000 Kilometern aus. Genauso viele Fahrten mussten aber auch abgesagt werden, weil sich der Fahrgast nicht mehr traute oder vorher verstarb. „Es gibt aber auch Fahrten, die von heute auf morgen koordiniert werden“, erzählt Rzadki. „Die kürzeste Zeit in der ich aktiviert worden bin, war innerhalb von einer Dreiviertelstunde“, ist auch sein Kollege Edgar Schlichtherle sehr flexibel. Wir fahren überallhin: Gardasee, Tirol, Nord- und Ostsee oder auch nur auf einen Bauernhof zum Tierestreicheln. Die weiteste Fahrt ging nach Warnemünde (insgesamt 2.100 Kilometer).
In Deutschland hatte der ASB in Essen (Rhein-Ruhr) 2014 den ersten Wünschewagen, doch das ganze System komme laut Rzadki ursprünglich aus Holland. Mittlerweile gibt es 23 Stück in Deutschland, drei davon in Bayern. Der perfekt ausgestattete Wagen (damaliger Anschaffungspreis: 125.000 Euro) aus Allgäu-Schwaben fährt seit fünf Jahren. Seitdem war der jüngste Fahrgast drei, der älteste 95 Jahre alt, meist sind es aber Fahrgäste im Alter zwischen 30 und 45 Jahren. Während der Fahrt macht das jeweilige dreiköpfige Begleitteam auch Bilder, die der Fahrgast am Ende der Fahrt in Form eines kleinen Albums erhält. „Wir versuchen alles möglich zu machen“, berichtet Rzadki auch von spontanen Umwegen oder einer nicht geplanten Fahrt zu MC Donalds. „Die Patienten wollen den Tag nie enden lassen und der Abschied ist immer schwierig, weil man auch eine emotionale Bindung aufbaut. Da kommen einem oft auch die Tränen. Aber wir weinen auch zusammen, das ist kein Problem“, lächelt er nachdenklich. Kinder zu fahren, sei dann aber noch was ganz Anderes. Auch aus Lengenwang hatten sie vor ein paar Jahren einen Fahrgast – eine an Krebs erkrankte Frau.